Alina über Karl:
Karl und seine Partnerin Hannah haben mir schon so oft geholfen, seit wir uns kennen. Karl hat mir und meinen Kindern geholfen, die notwendigen Haushaltsgegenstände zu finden und zu liefern. Auch dank Karls Unterstützung war es mir möglich, das soziale Photoprojekt Chervona Kalina durchzuführen und die Ausstellung vorzubereiten. Karl und Hannah haben mich auch in den ersten, besonders schwierigen Monaten meiner Ankunft in Konstanz mit freundlicher und einfühlsamer Kommunikation und Empathie unterstützt.
Karl und seine Geschichte von Nächstenliebe:
Es war so selbstverständlich. Für mich ist es auch Verantwortung. Ich bin, im Verhältnis zu anderen Menschen, unendlich reich und ich kann nichts dafür, dass ich hier geboren wurde und nicht in Zentral Afrika oder in Lesotho. Ich glaube, es gibt eine Verbindung auf einer nicht-materiellen Ebene zwischen den Menschen. Es hat mit Würde zu tun, auch mit meiner eigenen, wenn ich teile, wenn ich Anteil nehme, wenn ich versuche das Leid in meinem Umfeld da, wo ich es kann, zu lindern. Und es gibt so viel, was zurück kommt. So viele besondere Momente der Begegnung. Das ist das, was mich nährt. Das ist für mich viel mehr Wert, als alles Geld auf der Bank. Das Zwischenmenschliche. Mir sind gute Beziehungen sehr wichtig und diese kann ich gestalten.
Wer bin ich ...
Ich bin Karl, 60 Jahre alt, ich lebe hier am Bodensee und fühle mich sehr privilegiert. Ich habe ein sehr reiches und buntes Leben. Ich bin Gärtner, hab lange Zeit Gemüse eingebaut. Jetzt arbeite ich mit Menschen mit der Behinderung, reise für mein Leben gern. Bin sehr stolzer Vater, habe drei erwachsene Söhne, wunderbare Freunde und Partnerin. Ich fühle mich vom Leben beschenkt und meine Arbeit machen zu dürfen, an der ich Freude habe. Das macht mich aus. Ich möchte Zeitgenosse sein, diese Welt mit prägen und mit gestalten. Neugierig verspielt und leicht, mit mir verbunden, mit grossem Herz und offenem Blick.
Was ist für mich Nächstenliebe/ Kindness ...
Nächstenliebe für mich ist Wachheit, Bewusstheit, Präsenz im Sinne da zu sein, wenn’s jemanden braucht. Nächstenliebe ist Solidarität. Nächstenliebe ist auch etwas zu tun. Das Tun muss gar keine Aktivität im Aussen sein. Das kann auch diese Präsenz sein, dieses Zuhören, dieses Dasein. Ja.
Als ich erfahren hab, dass der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist ...
Traurig, wütend. Weil es einfach unmenschlich ist, weil es einfach falsch ist, dass es den Krieg gibt. Sprachlos über diese Arroganz der Macht. Das waren so die unmittelbaren Gefühle und für mich ist das Thema „Krieg“ ein Thema, das mich mein Leben lang begleitet. Ich war ganz früh schon in der Friedensbewegung der 80-er Jahre, habe mich sehr stark mit dem Thema befasst und mich ganz bewusst entschieden Zivildienst zu machen, nicht zur Armee zu gehen. Durch die Erzählungen von meinem Vater, der als ganz junger Mann im zweiten Weltkrieg noch teil genommen hat und durch meinen Grossvater, der im ersten Weltkrieg Soldat war, war ich sehr berührt und mir der Verantwortung, die ich da als Deutscher mittrage, bewusst.
Ich will das, was ich tun kann tun, damit es keinen Krieg gibt.
Ich war völlig sprachlos, weil ich dachte, Krieg als Mittel der Politik gibt es in Europa nicht mehr.
Der Krieg in der Ukraine bedeutet für mich ...
Ich habe eine Erfahrung für mich gemacht, nachts, an einer S-Bahn in Stuttgart. Dort hat mir jemand, ohne dass ich einen Anlass dafür gegeben hätte, mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Es hat mich wütend und machtlos zurück gelassen. Eine ganz schwierige Erfahrung. Wenn ich wieder in Situation komme, wo mich jemand so angreift, da möchte ich in der Lage sein mich zu wehren. Ich habe mir gewünscht, habe gehofft, dass die Menschen in der Ukraine in der Lage sind sich zu wehren. Ich bewundere den Mut der Menschen sich dem Überfall so entgegen zu stellen. Ich finde es politisch klug wie Zelenskiy gehandelt hat. Ich denke, er hat eine hervorragende Arbeit gemacht, indem er sich so oft gezeigt hat, auf so vielen Kanälen und Appellen. Ich wünsche mir, dass morgen die Waffen schweigen und dass sie reden miteinander. Zeitgleich glaube ich nicht daran, dass das bald passieren wird. Jede Kugel ist eine zu viel.
Dieser Krieg hat meine Wahrnehmung/ mein Bewusstsein verändert ...
Dass Putin und die die russische Armee so skurpellos, dass sie diesen offenbaren Bruch des Völkerrecht, dass sie diesen Überfall so unverschämt machen, hätte ich nicht gedacht. Und da hinterfrage ich meine grundsätzlich pazifistische Einstellung. Wenn ich die Möglichkeit hätte mit der Waffe in der Hand Putin zu erschiessen: ich weiss nicht, ob ich das nicht machen würde.
Ich möchte den Menschen zum Weihnachten wünschen ...
Den Menschen wünsche ich Gelassenheit. Mir selber wünsche ich, dass ich neugierig und wach, immer noch wacher werde und auch mich selber besser kennen lerne. Der Menschheit wünsche ich, dass sie enkelgerechtes Verhalten lernt, damit dieser Planet weiter für uns alle eine gute Lebensgrundlage bleibt. Da gehört der Frieden dazu. Und auch: Don’t take life to serious, it is not permanent!